Nolls Belehrungen offenbaren Unkenntnis

Mit Verwunderung haben die Ronneburger Sozialdemokraten die Belehrungen des FDP-Bundestagsabgeordneten Alexander Noll zur Kenntnis genommen. Offenbar in Unkenntnis der tatsächlichen Situation fordert er in einer Pressemitteilung die „Erledigung von Hausaufgaben“ in Form von Sparmaßnahmen.

So spricht Noll von „nötigen Maßnahmen gegen die Schuldenpolitik bestimmter Kommunen im Kreis“. Tatsächlich aber hat Ronneburg seit Langem eine Verschuldung, die sehr deutlich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Kommunen liegt. Dafür wurde die Gemeinde in allen Prüfungen auch immer ausdrücklich gelobt. Es ist die Folge einer Politik, die unter den Bürgermeistern Friedhelm Kleine, Heinz Habermann und jetzt auch Andreas Hofmann immer auf teure Prestigeobjekte verzichtete und nur das absolut Notwendige ausgab. Deswegen wurde der Gemeinde Ronneburg auch gar nicht erst angeboten, am kommunalen Schutzschirm Hessen teilzunehmen. Für das Jahr 2013 ist zum ersten Mal in den letzten Jahren wieder eine Kreditaufnahme vorgesehen, die für die umfangreichen Sanierungsarbeiten am Kanalnetz im alten Ortskern des Ortsteils Hüttengesäß benötigt wird.

Man kann nur vermuten, dass Noll Schulden mit einem aktuell entstandenen Haushaltsdefizit verwechselt. Ein Unterschied, den der haushaltspolitische Sprecher einer Landtagsfraktion eigentlich schon kennen sollte. Ebenfalls bekannt sein dürfte Noll, dass die Kommunalaufsicht eben nicht „weitgehend selbstständig“ agiert, sondern die Leitlinie zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte des hessischen Innenministeriums umsetzen muss und quasi gezwungen ist nach dieser zu handeln.
Recht hat Noll lediglich mit seiner Aussage, dass es kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem gibt. Doch woher kommt dieses Ausgabenproblem?
Die Gemeinde Ronneburg war seit ihrer Gründung in den 1970er Jahren und bis zum Jahr 2008 fast durchgehend in der Lage ihre Haushalte ausgeglichen zu gestalten. Die sparsame Ausgabenpolitik wurde immer wieder auch von übergeordneten Stellen ausdrücklich hervorgehoben. Schon dadurch wird deutlich, dass Nolls Aussage, „dass Ronneburg bei der Gestaltung solider Gemeindefinanzen jahrelang untätig war“ jeglicher Grundlage entbehrt. „Diese Aussage, die offenbar ohne jede Kenntnis der tatsächlichen Situation durch Herrn Noll getätigt wurde, betrachten wir als Frechheit. Sie zeugt von fehlendem Respekt und wird der hervorragenden Arbeit der früheren Bürgermeister Friedhelm Kleine und Heinz Habermann wie auch der Gemeindevertreter aller Parteien gerade in Sachen Haushaltsdisziplin in keiner Weise gerecht“ so der Vorsitzende der Ronneburger Sozialdemokraten Gerd Schatz.

Erst seit dem Jahr 2009 ist das Ronneburger Haushaltsdefizit entstanden und dann rasant gestiegen. Es liegt mittlerweile bei knapp unter einer Million Euro. Die Gemeinde hat ihre frühere Politik in Bezug auf jene Ausgaben, über die sie weitgehend frei entscheiden kann, jedoch nicht geändert. Die Gründe für den Anstieg des Defizits liegen neben einem Anstieg von Kreis- und Schulumlage um rund zweihunderttausend Euro vor allem in der Übertragung von neuen Aufgaben in der Kinderbetreuung (Stichwort U3), für deren laufenden Betrieb es keinen auch nur annähernden finanziellen Ausgleich auf der Einnahmeseite gegeben hat und in der dilettantisch vorbereiteten und umgesetzten Einführung der Doppik durch die hessische Landesregierung.

Alleine im Bereich der Kinderbetreuung ist das Ronneburger Defizit in den letzten 5 Jahren trotz Gebührenerhöhungen um rund vierhunderttausend Euro angestiegen. Die Gemeinde Ronneburg erfüllt hier aber lediglich ihre gesetzliche Verpflichtung, die ihr von den übergeordneten Ebenen vorgegeben wurde, ohne für entsprechende Einnahmen zu sorgen. Ein kostendeckender Betrieb einer U3 Betreuung würde monatliche Gebühren von etwa eintausend Euro pro Kind erfordern. Da dies aber weder gesellschaftlich sinnvoll noch durchsetzbar ist, bleiben die Gemeinden auf einem Großteil der Kosten sitzen.
Bezugnehmend auf die Aussage von Noll „dass mutige Sparentscheidungen zu treffen sind, die es nach seiner Erfahrung in jedem Kommunalhaushalt gebe“, erwidert der SPD Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses Thorsten Habermann: „Wir laden Herrn Noll ausdrücklich ein, nach Ronneburg zu kommen und uns seine Vorschläge für konkrete Sparmaßnahmen zu unterbreiten. Wir sind sehr gespannt darauf wie Herr Noll, seine allgemeine und sehr plakative Aussage konkretisieren wird. Wir Ronneburger Gemeindevertreter beschäftigen uns regelmäßig und sehr intensiv mit allen Ausgaben, haben aber leider noch keine Einsparpotenziale finden können, die das aktuelle Defizit auch nur annähernd ausgleichen könnten, da wir uns auch bisher keine nennenswerten freiwilligen Leistungen erlaubt haben.“

„Wenn keine solche Einsparmöglichkeiten gefunden werden, ist die Erhöhung der Grundsteuer auf 800 bis 1000 Punkte leider keine Panikmache, sondern muss gemäß der Richtlinien der hessischen Landesregierung in einem sogenannten Konsolidierungspfad sogar detailliert und verbindlich festgelegt werden“ macht Jürgen Waitz, Vorsitzender der Gemeindevertretung die Konsequenzen der Vorgaben deutlich.
„Da wir Ronneburger mit dieser Situation nicht alleine sind, müssen wir davon ausgehen, dass die hessische Landesregierung die ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitiker im ganzen Land mittels Unterfinanzierung und Verpflichtungen die Drecksarbeit in Form von massiven Gebühren- und Steuerhöhungen machen lassen will, zu denen man selbst als Berufspolitiker nicht den Mut aufbringt. Das können und werden wir aber nicht hinnehmen, ohne die Verantwortlichen für diese Entwicklung klar zu benennen“ so Gerd Schatz abschließend.